Landesverbandstagung 2016
Vom Zunftwesen bis zum Cybercrime
ufh Landesverbandstagung in Ulm schlug Bogen aus dem Mittelalter in die Zukunft.
„Gemeinsam bündeln wir die Erfahrungen der Vergangenheit mit der Aktualität der Gegenwart und blicken somit vorbereitet in die Zukunft.“ So lautete das Ziel des Landesverbands der ArbeitskreisUnternehmerfrauen im Handwerk Baden-Württemberg, kurz ufh Landesverband, für die diesjährige Landesverbandstagung im Maritim-Hotel in Ulm. Dieses Ziel wurde nicht nur inhaltlich voll und ganz erreicht. Auch bei der Organisation der Tagung und der Wahl des Ambientes zeigte sich wie jedes Jahr eine gelungene Verbindung von Erfahrung, einem glücklichen Händchen und dem Blick für das Notwendige, aber auch Angenehme. Ganz besonderen Dank an Doris Straubmüller, ufh Geschäftsführerin, die die
komplette Veranstaltung organisiert hat.
Was beschäftigt die Unternehmerfrauen in der Gegenwart des Arbeitsalltags? Nach der Begrüßung der Vorsitzenden der vier ausrichtenden Arbeitskreise, Jutta Semler (ufh Ulm), Marianne Steeb ufh (Biberach), Hildegard Landsperger (ufh Härtsfeld-Ipf-Ries) und Doris Sannwald-Schmid (ufh Ostalb) beleuchtete ufhPräsidentin Ruth Baumann die Realitäten im Handwerk, angefangen von den Erfordernissen bei der Ausschreibung oder Rechnungstellung über Statistiken und Dokumentation bis hin zur Digitalisierung. „Bescheinigungen ersetzen nicht selbständiges Denken“, mahnte sie und forderte faire Rahmenbedingungen für das Handwerk, denn die Zeit sei für unnötige Bürokratie viel zu kostbar.
Für weniger Bürokratie, aber dafür mehr Vertrauen ins Handwerk warb auch Gunter Czisch, Oberbürgermeister der Stadt Ulm, mit Blick auf das Wahrzeichen der Stadt: „Für das Münster hätte es nie eine Baugenehmigung gegeben“, vermutete er – schließlich wisse man bis heute nicht, warum es überhaupt stehe. Vertrauen ins deutsche Handwerk hat auch das Ausland, wie die CDU-Europaabgeordnete Dr. Inge Gräßle darlegte. Der Export des deutschen Handwerks habe sich in den vergangenen Jahren um 70 Prozent auf 40 Milliarden Euro, erwirtschaftet von 50.000 Betrieben, gesteigert.
Wie sich die weiteren Herausforderungen, Chancen und Potenziale des Handwerks im Land entwickeln werden, soll die Studie „Handwerk 2025“ ermitteln, erläuterte Oskar Vogel, Hauptgeschäftsführer des baden-württembergischen Handwerkstags, in seinem Grußwort. In zehn Workshops werden Zukunftsthemen wie die Digitalisierung, die Demografie, die Internationalisierung oder die Nachfolge in Unternehmen behandelt. Wichtig für das Handwerk ist insbesondere auch das Ehrenamt, wie Joachim Krimmer, Präsident der Handwerkskammer Ulm, betonte. Bei einem Zukunftsthema zumindest hat das Handwerk die Nase vorn, wie der Ulmer Kreishandwerksmeister Max Semler konstatierte: „Im Handwerk ist die Frauenquote schon umgesetzt.“ Seiner Erfahrung nach tragen insbesondere die Frauen Impulse zur Weiterentwicklung in dieUnternehmen hinein. Für die Zukunftsfähigkeit eines Betriebs spielt jedoch auch ein betriebliches Gesundheitsmanagement eine große Rolle, auf das Rainer Beckert, Landesgeschäftsführer der IKK classic, das Augenmerk richtete.
In seiner Festrede schlug Ivo Gönner, langjähriger Oberbürgermeister a.D. der Stadt Ulm, einen Bogen von den Münsterbaumeistern des Mittelalters bis hin zu den heutigen Herausforderungen des Handwerks. Als Vorteile des Handwerks über die Jahrhunderte hinweg identifizierte er dessen regionale Bezogenheit, immer mehr verbunden mit globalen Aspekten, die Orientierung am Gemeinwohl, die Öffnung auch für von außen kommende begabte Menschen und die soziale Sicherheit, angefangen bei den Zunftkassen. Außerdem sehe dasHandwerk Frauen als selbständige Partnerinnen. Den heutigen Handwerkern empfahl er, um qualifiziertes Personal beispielsweise an den Universitäten zu werben, eine interkulturelle Handwerkerfamilie mit Mitarbeitern mit verschiedensten kulturellen Hintergründen und Kompetenzen zu bilden und den demographischen Wandel auch als Markt zu begreifen.
Eine ganz aktuelle Bedrohung, nicht nur des Handwerks, stellten Stefan Reinhard und Engelbert Abler vom Landeskriminalamt Baden-Württemberg vor. „Bedrohungslage Cybercrime“ lautete der Titel des Referats, und die vielen Wortmeldungen aus dem Plenum zeigten, dass diese Bedrohung schon in vielen Betrieben angekommen ist. Dabei nutzen Hacker viele Wege, um in einen fremden Computer oder ein Netzwerk einzudringen. Reinhard empfahl deshalb, alle Mitarbeiter für die Gefahr zu sensibilisieren, verdächtige E-Mails immer zu überprüfen, Daten nur restriktiv weiterzugeben, Kontrollmechanismen nicht außer Kraft zu setzen und grundsätzlich mit vier Augen auf Transaktionen zu schauen. Auch sollte die Software immer auf dem neuesten Stand sein und aktualisiert werden. Damit Geschäftsdaten nicht verloren gehen, sollten regelmäßige Backups gemacht werden. Er legte den Zuhörerinnen außerdem ans Herz den Handlungsleitfaden des Landeskriminalamts zu lesen, der unter www.lka-bw.de/zac zu finden ist.
Nach einem unterhaltsamen gemeinsamen Abend beendete der Trendforscher Mathias Haas am Samstagvormittag den öffentlichen Teil der Landesverbandstagung mit seinem Vortrag „Zukunft ist gar nicht so kompliziert.“
bu / IKK classic